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Der Mensch ist, was er isst – Gedanken zum Vegetariertag

Es herrscht ja eine Art von Glaubenskrieg zwischen Fleischessern und Vegetariern. Ich bin sozusagen ein Zwischending: Ich könnte nie das Reh und das Kitz erschießen, die sich immer in unserem verwachsenen Garten niederlassen, um dort Schutz und Ruhe zu suchen. Auch die Gans vom benachbarten Bauernhof, die uns immer mit ihrem Geschnatter begrüßt, könnte ich mir nicht als Weihnachtsbraten vorstellen: „Berta“ auf dem Teller? Nein, danke!
Und doch esse ich Fleisch, denn der Mensch ist nun einmal ein Fleischesser. Man stelle sich vor, wir würden die Wildschweine, die unsere Felder verwüsten, nicht jagen. Dann hätten wir eines Tages nichts mehr zu essen. Und wenn wir also die Wildschweine abschießen müssen: Warum sollen wir sie dann nicht auch essen?
Ich esse aber auch gern vegetarisch, nur ist es leider in vielen Lokalen so, dass diese Kost ein stiefmütterliches Dasein führt: Entweder steht nichts oder nur wenig auf der Speisekarte und wenn man etwas bestellt, ist das oft fad gekocht. Anscheinend mögen viele Köche keine vegetarische Kost. Die Leute würden vegetarisches Essen ganz anders beurteilen, wenn da etwas Deftiges auf den Tisch käme.
Ich erinnere mich an Kurse, an denen ich teilgenommen habe: Lehmbau und Sonnenkollektorenbau. Da waren sehr viele Handwerker aus der Umgebung dabei. Der Kurs fand in einem Bauernhof statt, der streng biologisch ausgerichtet war und natürlich gab es dort nur biologisch-vegetarisches Essen. Die Bäuerin hatte alles liebevoll auf einem Buffet in der Scheune angerichtet. Zuerst witzelten die Handwerker, sie könnten bei dem Essen nachmittags nicht mehr arbeiten. Auch von Impotenz war die Rede.
Aber dann ließ man es sich trotzdem schmecken – und siehe da: Etliche von denen, die erst gemeckert hatten, ließen sich von der Bäuerin sogar Rezepte geben.
„Varietas delectat“ (Abwechslung erfreut) sagten die alten Römer, und so wollen wir es auch beim Essen machen.