Wir leben im Zeitalter der Entchristianisierung: Die Kirchen werden leerer, die Kirchenaustritte nehmen zu.
Und dies ist auch ein Zeichen: Früher taufte man die Kinder nach den Namen der Heiligen. In Bayern gab es sogar mancherorts die Sitte, Kinder auf den Namen desjenigen Heiligen zu taufen, der am Tag der Geburt des Kindes seinen Gedenktag hatte.
Völlig anders ist es heute: Eine Zeit lang waren Namen wie Kevin oder Chantal en vogue, nun haben Kinder unchristliche Namen wie „Finn“, „Sven“ usw.
Manchmal denke ich, die Veränderungen, die die Katholische Kirche während meines Lebens hinter sich hat, sind viel größer, als wenn nun die Frauen Priesterinnen werden dürften, Beispiele:
> Früher musste man nüchtern zur Kommunion gehen und im Religionsunterricht lernten wir, wann man mit einem Verschlucken von Wasser beim Zähneputzen noch nüchtern ist und wann nicht.
> Die gravierendste Änderung brachte die Pille: Die Christen ließen sich auf einmal nicht mehr ihr Sexualleben vorschreiben.
> Früher hatten die Menschen Angst davor, dass sie wegen einer „Todsünde“ in die Hölle kamen. Heute sind solche Ängste durch andere ersetzt worden.
> Einst waren die Dogmen für die Katholiken die verpflichtende Glaubenslehre, heute glauben die Christen, was sie wollen: Nur wenige glauben an die Unfehlbarkeit der Papstes, die leibliche Himmelfahrt Mariens…
> Letzte Ölung bzw. Krankensalbung, Osterbeichte, Ablass … sind nur noch Randerscheinungen.
> Missbrauchsfälle wurden früher unter der Decke gehalten, um das Erscheinungsbild der Kirch nicht zu beschmutzen. Sie müssen nun mühsam aufgearbeitet werden.
> Zu Zeiten meiner Eltern war es für Katholiken verboten, Protestanten zu heiraten. Nur ganz ausnahmsweise gab es eine bischöfliche Dispens. Wie viele unglücklich Liebende gab es damals!
> Es gab einen Index, der Bücher enthielt, die für Katholiken verboten waren. Als ich Abitur machte, brauchte ich eine Dispens, um die Werke von C. F. Meyer lesen zu dürfen.
> An den Kirchen hingen Schaukästen mit Kritiken von Filmen und Theaterstücken, in denen zu lesen war, was Christen sehen durften und was nicht. Als Kuriosum erinnere ich mich an eine Kritik des Balletts Schwanensee. Vom Besuch wurde wegen der sich zu stark abdrückenden Männlichkeit des Tänzers abgeraten.
> Die Fastenzeit im Advent oder vor Ostern wurde durch eine Diät nach den Feiertagen ersetzt. Was ein Abstinenztag ist, wissen heute viele gar nicht mehr.
Es gäbe noch so vieles, das zeigen würde, dass die Katholische Kirche sich total verändert hat. Da käme es nun wirklich nicht mehr darauf an, ob Frauen Priesterinnen werden dürfen oder nicht.