
Heute habe ich meinen 85. Geburtstag, und da denke ich nicht nur über mein eigenes Leben nach, sondern auch über die vielen Veränderungen, die es in all den Jahren bei uns gegeben hat. Und manchmal fragt ich mich: Wie haben wir damals nur so leben können?
Es gab keine Supermärkte, keine dieser neuen riesigen Gewerbegebiete, kein Plastik, keine Chemie in den Nahrungsmitteln, keine Billigkleidung aus Fernost, … und es hat funktioniert!
Ich gehöre zu den Leuten, die moderne Menschen als die „ewig Gestrigen“ bezeichnen, wenn ich behaupte: Früher war alles besser.
Es gab noch keine Globalisierung und wir lebten in der BRD gemütlich für uns.
Man konnte sich damals irgendwann einen VW-Käfer leisten und Adenauer sorgte dafür, dass man sich sogar einmal ein Haus bauen konnte, denn er meinte: Jeder Hausbesitzer wird ein CDU-Wähler. In Urlaub fuhr man an die See oder in die Berge und die ersten besuchten Italien. Das Wohnen in der Stadt war eine Selbstverständlichkeit, die sich auch Alte und Geringverdiener leisten konnten. Und die Frauen waren als Hausfrauen daheim bei ihren Familien, denn das Einkommen des Mannes reichte aus, um alle zu ernähren. Die Bevölkerung war rundum zufrieden.
Aber wie beim Märchen vom Fischer und seiner Frau wollte man immer mehr. Die deutsche Autoindustrie wollte exportieren; also musste man unsere Märkte öffnen und auch ausländische Produkte ins Land lassen. Und so gab es Opfer: Die Werften, die Foto- und die Bekleidungsindustrie konnten mit dem billigeren Ausland nicht mithalten und verschwanden so ziemlich.
Die Landwirtschaft war früher noch nicht der internationalen Konkurrenz ausgeliefert und so bekamen die Bauern für ihre Produkte Preise, die ihnen ein gutes Auskommen ermöglichten. Aber auf einmal bekamen sie internationale Konkurrenz. Das führte zum einen dazu, dass sie subventioniert werden müssen. Viele geben überhaupt auf und wurden im Grunde genommen indirekt Opfer der protegierten Autoindustrie, die exportieren will. Andere Bauern behaupten sich durch Massentierhaltung: Das ist Tierquälerei und Verseuchung des Grundwassers zugunsten des Billigfleischexports nach China. Und die landwirtschaftlichen Abfallprodukte wie Hähnchenflügel und Milchpulver gehen nach Afrika und machen dort die Kleinbauern kaputt.
Was ist das für ein Unsinn! Die Globalisierung führt auch dazu, dass Autos um die halbe Welt transportiert werden, um im Ausland verkauft zu werden, wo man eine eigene Autoindustrie hat. Dies führt zu einem erbitterten Preiskampf, der bei uns immer mehr prekäre Arbeitsverhältnisse zur Folge hat. So gibt es nun etwas, was es noch nie gegeben hat, nämlich dass viele von ihrer Hände Arbeit nicht mehr leben können.
Die als großartig hingestellte freie Marktwirtschaft hat in Afrika dazu geführt, dass man zwar von dort aus Waren in die EU ausführen darf, dafür musste man aber zulassen, dass moderne Fischkutter vor der afrikanischen Küste die Meere leer fischen, was die einheimischen Fischer zu Piraten werden ließ.
Der Massentourismus – auch ein Teil der Globalisierung – bewirkt, dass sich die Menschen nicht mehr mit den Sehenswürdigkeiten im eigenen Land befassen, so dass die „Leitkultur“ ihren Wert verliert. Man strebt heute dahin, wo „man gewesen sein muss“: Venedig, Barcelona, Palma… mit der Folge, dass Einheimische sich dort das Wohnen nicht mehr leisten können. Verkehrte Welt: Die Chinesen kommen zu uns, um den Königssee, Hitlers D-Haus und die Wieskirche anzusehen, und die Deutschen schauen sich die chinesische Mauer und die verbotene Stadt an.
Wenn man die Entwicklung so verfolgt, fragt man sich, wo das alles hinführen soll: Immer mehr Firmen werden von größeren geschluckt und diktieren immer niedrigere Löhne. Am Schluss bleiben so wenige übrig, dass sie die Welt regieren, wie es jetzt schon manche von der Bilderberg-Konferenz vermuten.
Dies sollen nur ein paar Denkanstöße sein. Vielleicht denken Sie ja auch darüber nach, ob das alles richtig ist, was uns die Wirtschaftswissenschaftler als allein selig machend hinstellen. In meinen Aphorismen liest man dazu:
Nichts kann so falsch sein, dass es nicht Wissenschaftler gäbe, die dies als einzig richtiges Forschungsergebnis hinstellen würden.
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