
Jeder 6. Deutsche kann sich keinen Urlaub leisten. Das wird in den Medien als eine Katastrophe hingestellt, als wenn die armen betroffenen Kinder hungern müssten. So weit ist es bei uns gekommen!
Ich kann das nicht verstehen. Es wird so getan, als sei der Urlaub ein unverzichtbares Gut wie Kleidung und Nahrung. Nur: welchen echten Gewinn haben die Menschen davon, wenn Sie in Bibione, Lignano oder auf Mallorca 2 Wochen am Strand liegen? So sieht doch der Urlaub für die Masse aus.
Ich habe in mehr als der Hälfte meines 84-jährigen Lebens keinen Urlaub machen können: Im Krieg ging das nicht und natürlich auch in der ersten Nachkriegszeit nicht. Damals wohnten wir in Kiel und waren so arm, dass wir uns nicht einmal eine Dampferfahrt zum Strand leisten konnten. Aber das machte nichts: Wir fuhren halt mit dem Rad. Und das Erlebnis einer Dampferfahrt gönnten wir uns auf der Kanalfähre. Da kostetet eine Überfahrt 2,5 Pfennig.
Später wohnten wir in Traunstein und bauten dort ein Haus. Natürlich war auch in dieser Zeit kein Urlaub drin. Wir machten uns einen Plan, was wir alles in den Ferien machen wollten und unser Kalender war randvoll – für schönes und für schlechtes Wetter. Und die Kinder waren begeistert. Wenn andere Kinder von ihrem Strandurlaub erzählten, konnten sie über Abenteuer, wie einen Besuch in der Höhlenburg von Stein berichten…
Ist es nicht traurig, dass die meisten im Urlaub weit weg wollen, aber ihre eigene Heimat kaum kennen?
Das Thema Urlaub ist ja auch unter den Erwachsenen beliebt. Als man mich einmal in meiner Behörde fragte, was ich denn im Urlaub gemacht hätte, sagte ich, ich sei daheim gewesen. Darauf meine meine Schreibkraft; „Dass Sie das sagen mögen!“ So weit ist es gekommen, dass man sich schämen muss, wenn man nicht in Urlaub war.
Allerdings gibt es auch Reiche, die stolz berichten, sie hätten es nicht nötig, in Urlaub zu fahren. Wenn ich zur Zeit das Chaos an den Flughäfen sehe, bin ich auch froh, dass ich da nicht dabei bin.
In unserem Ort gibt es für die daheim gebliebenen Kinder ein Ferienprogramm. Die Kinder sind davon begeistert, wie ich aus eigener Anschauung weiß. Ich führte nämlich die Kinder in die Sagenwelt unseres Dorfes ein und wanderte mit ihnen zu einem gespaltenen Felsen, dem Engelstein, wo die englischen Fräulein gehaust haben und ihr Unwesen getrieben haben sollen. Das war für die Kinder Atem beraubend spannend. Für sie ist es hier sowieso kein Drama, wenn sie im Urlaub daheim bleiben müssen, denn das ist für viele Bauern ein ganz normaler Zustand.
Früher war es sowieso nicht üblich, dass Familien weit weg in Urlaub fuhren. Mein Großvater verbrachte seine Urlaube mit seinen 6 Kindern in Schäftlarn, einem Vorort von München, und am Chiemsee und seine Kinder haben ein Leben lang begeistert davon erzählt.
Was für die Hartz-IV-Empänger wichtig ist, wenn sie sich keinen Urlaub leisten können, ist dies: Unternehmen Sie etwas mit den Kindern und legen Sie mal eine „Gedenkminute für die Armen ein, die sich bei großer Hitze am Strand langweilen und hinterher erzählen, wie toll ihr Urlaub war“. So machen Sie die Kinder stark und geben ihnen nicht das Gefühl, zu den Ausgestoßenen zu gehören.
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