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Wandlung der Katholischen Kirche: Was ist ein Stuhlfest?


Als ich mich im Jahr 1965 kirchlich trauen ließ, musste ich vorher natürlich das Aufgebot bestellen. Außerdem mussten meine Frau und ich zu einem Stuhlfest beim Pfarrer. Ich hatte keine Ahnung, was es damit auf sich hat. Und Sie wissen es sicher auch nicht.
Es handelte sich um eine Art Ehevorbereitung, für die die Kirche heute Kurse anbietet.
Einen profanen Eheratgeber – allerdings nur für Männer – habe ich übrigens hier angeboten:
https://autorenseite.wordpress.com/eheratgeber/

Doch zurück zum Thema „Stuhlfest“. Hier zeigt sich, wie sehr die Katholische Kirche sich gewandelt hat. Meine Eltern durften eigentlich nicht kirchlich heiraten, weil die Katholische Kirche Heiraten ihrer Gläubigen mit Protestanten verboten hatte. Meine Eltern mussten sich für ihre Eheschließung die Dispens eines Priors einholen, der Verständnis für die Liebenden hatte und sich traute, gegen die Kirchenoberen auf zu mucken.
Früher gab es viele Katholiken, die sich Ablässe verschafften, um nicht zu lange im Fegefeuer schmoren zu müssen. Damals stand an vielen Eingängen von Wallfahrtskirchen, wie viele Tage Ablass man gewinnen konnte, wenn man dort die Kommunion empfing oder ein bestimmtes Gebet sprach. Die Ablasssammelei ist längst in Vergessenheit geraten und die Hinweise auf einen Ablass sind an den Kirchen verschwunden.
Und wer weiß heute noch, was ein Index ist, in dem Bücher standen, die Katholiken nicht lesen durften?
Oder wer hält sich noch an Fast- und Abstinenztage? Man macht höchstens eine Diät.
So könnte ich noch lange fort fahren und zeigen, dass die Katholische Kirche einen gewaltigen Veränderungsprozess hinter sich hat. Da wären Frauen als Priesterinnen eigentlich doch viel weniger einschneidend.

Zum Sonntag: Frömmigkeit auf dem falschen Weg?


(Wallfahrstskirche Maria Eck)
Kürzlich las ich, dass die meisten Menschen bei ihrer religiösen Entwicklung im Alter von 7 Jahren stehen geblieben sind. Ja, damals war nach meinem Religionsunterricht das Christentum noch einfach: Wer eine Todsünde begangen hatte, kam in die Hölle und wer nur lässliche Sünden begangen hatte, musste eine Zeit lang im Fegefeuer schmoren. Dem konnte man aber vorbeugen, indem man einen Ablass gewann, der in den Wallfahrtskirchen angeboten wurde: Je nach Rang der Kirche gab es den vollkommenen Ablass oder den von etlichen Tagen. Das konnte man am Portal lesen. Und das christliche Leben endete schließlich „wohl versehen mit den hl. Sterbesakramenten“, wie es damals in den Sterbeanzeigen hieß und es noch auf alten Grabsteinen steht. Pech hatte also jemand, der plötzlich mit einer Todsünde aus dem Leben gerissen wurde.
Alles vorbei? Ich lese nichts mehr vom Ablass an den Kirchen. Und mit der ewigen Verdammnis scheint man auch vorsichtiger geworden zu sein. Da genügte früher in den Augen vieler Katholiken schon eine Liebesnacht zwischen Unverheirateten.
Ich bin leider in meiner religiösen Entwicklung zurück geblieben und daher nicht auf dem neuesten Stand. Aber ich mache mir so meine eigenen Gedanken:
Für den frommen Katholiken ist ein sündenfreies Leben der Zweck seines Daseins, denn Gott ist für ihn der Gefürchtete, der genau Buch führt über alle Verfehlungen.
Was aber die meisten nicht bedenken, ist das, was sie gedankenlos in jeder Messe herunter leiern: „… bekenne ich euch Brüder und Schwestern, dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe.“ Das Unterlassen des Guten rangiert hier vor der bösen Tat, ist also wichtiger. Nur sieht der normale Katholik das offenbar nicht so. Als ich mal mit einem Priester darüber sprach, wie oft er denn in der Beichte etwas vom Unterlassen des Guten gehört hatte, schwieg er verblüfft. Dann aber sagte er, solche Gewissensbisse kämen den Menschen allenfalls auf dem Sterbebett.
„Jeden Tag eine gute Tat!“ ist die Devise der Pfadfinder. Und der wahrhaft fromme Mensch sollte sich darüber im Klaren sein, dass es auch schon eine Sünde ist, einem anderen eine Freude nicht gemacht zu haben, auch wenn es so einfach gewesen wäre: ein kurzer Anruf, ein freundliches Lächeln…

Wenn Sie sich manchmal auch Gedanken über das Christentum machen, lesen Sie doch bitte dieses Buch:

Verboten neu

 

Der Autoritätsverlust der Kirche

Wie kommt das eigentlich? Wir erleben eine frappierende Erosion des Glaubens. Damit meine ich nicht nur die Tatsache, dass immer mehr Leute die Kirche verlassen. Nein, auch diejenigen, die in der Katholischen Kirche bleiben, legen sich ihren eigenen Glauben zurecht. Dogmen wie die leibliche Himmelfahrt Mariens oder die Unfehlbarkeit des Papstes halten die meisten Katholiken für nicht mehr nachvollziehbare Glaubenssätze.
Das dürfte daran liegen, dass die Gläubigen sich nicht mehr vorschreiben lassen wollen, was sie zu glauben haben, sondern sie machen sich aus der Bibel ihr eigens Bild von ihrer Religion. Und sie machen sich ihre eigene Moral,  indem sie nicht mehr nur mit dem „Papstroulett“ (Knaus-Ogino) verhüten, sondern mit Pille und Kondom. Auch das einst sündhafte (und sogar strafbare) Zusammenleben vor der Hochzeit ist heute normal.
Am merkwürdigsten ist, dass die Angst vor der Hölle fast völlig verschwunden ist. Die Menschen wollen einfach nicht glauben, dass im Himmel ein Gott sitzt, der wie ein Erbsenzähler ihre Sünden notiert hat und bestrafen wird. Ihr Gott ist kein strafender, sondern ein gütiger Gott, der Verständnis für ihre Verfehlungen hat. Schließlich hat er ja die Menschen so gemacht.
Die Kirche hat sich offenbar ein wenig auf dieses andere Gottesbild eingestellt. Früher gab es in den meisten Wallfahrtskirchen Tafeln, die dem Besucher erklärten, wie viel Ablass er dort durch bestimmte Gebete gewinnen konnte. Schon als Kind wunderte ich mich, dass man in unserer Kirche „bei einem Gebet nach Meinung des Heiligen Vaters 365 Tage Ablass“ bekam. Wer setzte das fest? Und nach welchen Maßstäben? Und wieso genau 365 Tage? Dann bin ich darauf gekommen, dass es auch Kirchen gab, in denen man einen vollkommenen Ablass erreichen konnte. Warum sollte man sich also mit 365 Tagen zufrieden geben, wenn man anderswo mehr „Rabatt“ bekam? Heute sind all diese Tafeln klammheimlich verschwunden. Anscheinend will die Kirche mit ihnen nicht anecken und keine Erinnerungen an den Ablasshandel wecken, der der Grund für die Kirchenspaltung war.
All diese Veränderungen hat es schon vor Aufdeckung der Missbrauchsskandale gegeben. Nun aber ist das Desaster kaum noch reparabel. Geht es der Katholischen Kirche wie den „Volksparteien“? Befindet si sich auf dem Weg zur Sekte?
https://autorenseite.wordpress.com/katholische-kirche-auf-dem-weg-zur-sekte/